Nun, die Quantenmechnik lehrt uns, dass man den Zustand von Irgendetwas nicht feststellen kann, ohne dieses Etwas zu verändern - wodurch natürlich auch der Zustand nicht mehr der ist, den man eigentlich feststellen wollte. Ja, es ist sogar so, dass ein Zustand erst festgelegt wird, in dem man mit diesem Etwas in Beziehung tritt, und man gar nicht sagen kann, ob dieses Etwas für sich überhaupt etwas ist - ob es "tot oder lebendig" ist. Denn es bildet mit einem anderen Etwas, das man gar nicht untersuchen will, ein Ganzes. Und, dies spiegelt eigentlich vollkommen unser menschliches Wesen wider - wir sind von Anfang bis Ende auf Beziehung angelegt. Wir können uns überhaupt nur entwickeln, in dem wir uns selbst im Spiegel eines anderen Menschen erkennen. Und, was passiert, wenn jemand niemals die Möglichkeit hat, in einen menschlichen Kontakt zu treten, hat man sogar mittels (sehr grausamer) Experimente untersucht - er geht zugrunde!
Nichts desto trotz: so überzeugend diese Parallelen scheinen mögen, ist das Gehirn deswegen zwangsläufig noch lange kein quantenmechanisches System. Es lassen sich beispielsweise keine Quantenzustände wie bei einem Atom definieren. Wobei ein Bewusstseinszustand im Prinzip eine diskrete Verknüpfung von Gedankendingen verkörpert - also eine Ansammlung von Ja/Nein-Zuständen (Verknüpfung oder nicht Verknüpfung) - und somit eben gequantelt ist. Auch hängt der Zustand eines Neurons von denen der verbundenen Neuronen ab - ähnlich wie die Zustände von Elementarteilchen miteinander verschränkt sind. Allein aufgrund der Parallelen könnte man jedoch mit gleichem Recht sagen: in der Quantenwelt herrscht ein Bewusstsein... Denn, nur weil man Dinge abzählen kann, die miteinander verbunden sind, unterliegen sie noch lange nicht den physikalischen Gesetzen der Quantenmechanik. Vielmehr gilt, worauf Wissenschaftler wie z.B. Hans-Peter Dürr oder Vera F. Birkenbihl hingewiesen haben: dass die Quantenmechanik an die Erkenntnis der alten Philosophen erinnert, wonach jedes Ding in der Welt mit allen anderen zusammenhängt. Noch G.W. Leibniz lehrte in seiner Monadologie, dass jede Monade (unteilbare Substanz) das gesamte Universum widerspiegelt - ähnlich wie ein Kommissar aus einem kleinen Detail den Hergang eines ganzen Verbrechens schlussfolgern kann. Erst die westliche Natur- und Geisteswissenschaft, welche sich mit der Aufklärung entwickelte, hat die kurzsichtige Methode eingeführt, alle Dinge einzeln zu betrachten und ihre Gemeinsamkeiten und Zusammenhänge außer Acht zu lassen.
Auch beim menschlichen Willen und in sozialen Gruppen gibt es das Phänomen, dass der Zustand des Systems davon abhängt, ob er von jemandem wahrgenommen wird oder nicht. Wenn beispielsweise eine Schulklasse beim Lehrer sich unmöglich benimmt, und der Direktor setzt sich ins Zimmer, um sich den Fall mit eigenen Augen anzuschauen, so wird er mit großer Wahrscheinlichkeit eine brave Klasse vorfinden... Allerdings bleibt das System an sich das selbe, egal wie es sich verhält - ob Pflanze, Tier, Mensch, ... oder Streichquartett. Jede Monade hat sog. Perzeptionen, durch die sie ihren Zustand ändern kann - aber nicht ihr Wesen. Und, das Ziel ihrer Tätigkeit ist nichts anderes als Etwas zu sein, nämlich sie selbst.
Wohl jeder Mensch wird irgendwann in seinem Leben den Wunsch haben, seinen Charakter zum Besseren zu entwickeln. Gelingt ihm dies tatsächlich und bleibt von ihm selbst nicht einfach unbemerkt (was vielleicht das Beste wäre), so gibt es zwei Möglichkeiten: entweder er ist einfach froh und dankbar, denn er weiß dass gute Mächte bei ihm am Werk waren. Oder er wird eingebildet werden, was widerum seinen Charakter zum Schlechteren verändern wird.
«Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt, so bleibt es allein.» Jesus sagte in einem Gleichnis: «Mit dem Reich Gottes ist es so wie wenn ein Mensch den Samen auf das Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag ..., und der Same sprießt hervor und wächst, und er selbst weiß aber nicht wie. Die Erde bringt von selbst Frucht hervor...» Man kann Wunder bewirken, in dem man etwas richtig untersucht und die Erkenntnisse gezielt einsetzt. Es wird kaum etwas wachsen, wartet man mit dem Säen nicht bis zur richtigen Zeit. Doch, das eigentliche Wunder ist das nicht begreifbare, etwas wie musikalische Harmonien, welchem wir blind trauen, weil es auf geheimnisvolle Weise funktioniert.
Und so ist auch unsere Fähigkeit, oder besser gesagt: der Wille, immer wieder neue Erkenntnisse zu gewinnen und uns zum Besseren zu entwickeln, ein Wunder, das wir dem Himmel verdanken. Man könnte sich in keinem größeren Irrtum befinden, würde man irgendetwas davon einem unabhängigen Selbst zuschreiben. Schon Paulus wusste, dass Gott alles in uns wirkt: sowohl das Wollen als auch das Vollbringen.